Informationen des Bürgermeisters zum derzeitigen Sachstand in Sachen Sandabbau in Schaafheim
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
seit Jahrzehnten wird in Schaafheim Sand abgebaut. Die Thematik war schon immer Teil der Kommunalpolitik. Nicht nur eine Person beschäftigt sich in unserer Gemeinde mit diesem Thema. Ich als Bürgermeister, alle Mitglieder der gemeindlichen Gremien, die Verwaltung im Rathaus und viele Bürgerinnen und Bürger arbeiten daran und versuchen, das Beste für unsere Gemeinde zu erreichen. Mir wird in den letzten Wochen der Diskurs zu diesem Thema zu wenig an der Sache orientiert geführt. Leider wird auch mit Aufmachungen und Äußerungen gezielt Unsicherheit erzeugt. Ich möchte Sie daher über den derzeitigen Stand informieren und Ihnen auch meinen Standpunkt dazu mitteilen.
Ausgangslage
Der Gemeindevorstand der Gemeinde Schaafheim hat am 15.02.2024 gegen das Land Hessen (Regierungspräsidium -RP- Darmstadt – Bergamt) Klage eingereicht. Die Klage richtet sich gegen den am 31.01.2024 genehmigten Antrag der Gerhard Höfling GmbH. Mit der Genehmigung wurde ein Rahmenbetriebsplan Quarzsandtagebau Schaafheim zugelassen, welcher es dem Unternehmen grundsätzlich ermöglicht, den Rohstoff Sand auf diesen Flächen abzubauen. Hierüber habe ich Sie in meiner Rubrik „Der Bürgermeister informiert“ in der Schaafheimer Zeitung vom 15.02.2024 informiert.
Der Gemeindevorstand und der Rechtsanwalt, der die Gemeinde in diesem Klageverfahren vertritt, hat die Mitglieder der Gemeindevertretung Anfang April über die Erfolgsaussichten der eingereichten Klage in Kenntnis gesetzt.
In dem genehmigten Gebiet von rund 10,4 Hektar (Abbildung 1: rote Umrandung) liegen landwirtschaftliche Flächen, die sich im Eigentum der Gemeinde befinden. Diese Flächen haben eine Größe von rund 1,2 Hektar. Einige Privateigentümer besitzen dort die übrigen Flächen. Die Gerhard Höfling GmbH hat Flächen von rund 6,5 Hektar in diesem Gebiet im Eigentum bzw. in Pacht. Die Vorbereitungen für einen Abbau zwischen dem bisherigen Tagebau und der Kartbahn (Odenwaldring) wurden vor kurzem begonnen. Aus rechtlicher Sicht ist das Vorgehen der Firma nicht zu beanstanden. Die Firma hat seit 2020 der Gemeinde Schaafheim drei Kaufangebote für die gemeindlichen Flächen unterbreitet. Das letztmalige Angebot wurde im November 2023 durch das Unternehmen im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt und beraten. Eine Entscheidung für oder wider einen Verkauf oder Tausch wurde nicht getroffen.
Abbildung 1: Grüne Umrandung: Bisherige Kiesgrube. Rote Umrandung: Durch Planfeststellungsbeschluss des RP Darmstadt genehmigte "Erweiterung Südwest", links der Verlauf des Eichenwegs in Verlängerung zur Erweiterung. Unterer Bildrand: Odenwaldring. Rechter Bildrand: Landesgrenze Hessen-Bayern.
Vor welchem Hintergrund bewegen wir uns als Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde, das Unternehmen und die Genehmigungsbehörde beim Bergamt des RP Darmstadt?
Aus meiner Sicht ist die Zielsetzung der Gemeinde Schaafheim klar und deutlich und dies seit mindestens 7 Jahren. Alle Stellungnahmen der Gemeinde, welche im Rahmen von Genehmigungsverfahren zum Thema Sandabbau abgegeben wurden, lehnten eine Erweiterung ab. Dies wurde dort dezidiert deutlich gemacht und umfangreich begründet. Hierüber habe ich Ihnen immer wieder öffentlich und in vielen Gesprächen berichtet. Die kommunalen Gremien ziehen in dieser Sache alle an einem Strang. Nichtsdestotrotz ist durch das RP Darmstadt - Bergamt eine Genehmigung für das Unternehmen ausgesprochen worden.
Ob unsere Klage wirklich erfolgreich ist, ist nicht sicher. Ebenso kann sich das beklagte Regierungspräsidium und auch das Unternehmen nicht sicher sein, ob die Genehmigung nach einem Klageverfahren bestand hat. Die Klärung dieser Rechtsfrage wird allerdings mindestens Monate, eher Jahre andauern. Währenddessen wird der Sandabbau im genehmigten Umfang weitergehen. Eine Ausweitung ist nicht auszuschließen, da das Unternehmen auch außerhalb ihrer genehmigten Fläche Eigentumsflächen hat (und diese z.B. zum Tausch mit Privateigentümern einsetzen kann, um in Zukunft weitere zusammenhängende Flächen zu erreichen). Eine Ausweitung Richtung Ortslage ist damit nicht ausgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund und der komplexen Situation ist aus meiner Sicht eine differenzierte Herangehensweise notwendig, um die Interessen der Gemeinde und damit der Bürgerinnen und Bürger, vor allen derjenigen, die in Reichweite des Sandabbaus wohnen, zu schützen und durchzusetzen. Zur Vollständigkeit gehört auch, dass es auch im Interesse der Gemeinde liegt, dass ein Unternehmen wirtschaftlich Erfolg hat und als Gewerbesteuerzahler erhalten bleibt. Soweit die Interessen der Gemeinde. Demgegenüber steht zum einen das Interesse des RP Darmstadt – Bergamt, welches ihm durch den Gesetzgeber und das Bergrecht auferlegt ist. Der Gesetzgeber sieht die Sicherung der Rohstoffversorgung als Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges an. „Die ständige Verfügbarkeit ausreichender und kostengünstiger Rohstoffe ist entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft“, so die Fachliteratur zum Bundesberggesetz. Zum anderen gibt es das Interesse des Unternehmens, sich wirtschaftlich zu betätigen und eine Gewinnerzielungsabsicht zu verfolgen. Hierüber einen Interessenausgleich zu erzielen wird nicht einfach sein. Es ist aus meiner Sicht jedoch der richtige Weg.
Wie könnte ein weiteres Vorgehen seitens der Gemeinde Schaafheim aussehen?
Die Zielsetzung der Gemeinde muss weiterhin sein, ein Heranrücken des Sandabbaus an die Ortslage zu verhindern. Hierfür ist es erforderlich, vor einer Entscheidung über Grund und Boden der Gemeinde (1,2 Hektar) auszuloten, inwieweit die o.g. Interessen ausgeglichen werden können. Meine Aufgabe als Bürgermeister ist es Gespräche zu führen. Die Fraktionen in der Gemeindevertretung wurden von mir über den Stand der Gespräche Ende Juni informiert.
Mein Standpunkt ist:
· Das Unternehmen soll auf einen weiteren Abbau westlich des Eichenwegs künftig verzichten.
· Außerdem soll das Unternehmen sämtliche in dessen Eigentum befindliche landwirtschaftliche Flächen (ca. 5 Hektar) westlich des Eichenwegs an die Gemeinde Schaafheim übertragen. Diese verteilen sich über das sog. Vorbehaltsgebiet (siehe Hintergrund Vorbehaltsgebiet). Ggf. könnte dies durch einen Tausch gemeindlicher Flächen östlich des Eichenwegs erfolgen.
· Die Gemeinde Schaafheim wertet einen Teil der erlangten, derzeit intensiv genutzten Flächen, ökologisch auf. Das heißt, intelligente und gezielte Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von diesen Flächen soll die Artenvielfalt erhöhen. Dies würde einerseits einen etwaigen Sandabbau wirtschaftlich unattraktiv werden lassen. Da hierdurch auch keine ausreichend zusammenhängende Fläche dafür zustande kommen kann, wird eine Abbauabsicht konterkariert. Zum anderen würde durch die ökologische Aufwertung die Erholungsfunktion dieses Bereichs für die Bürgerinnen und Bürger erhalten und verbessert werden.
· Damit eine weitere Flächenakquise westlich des Eichenwegs im Vorbehaltsgebiet auch in Zukunft unterbleibt und dies gesichert ist, muss das Unternehmen der Gemeinde Schaafheim ein unbefristetes Vorkaufsrecht für sämtliche Flächen westlich des Eichenwegs einräumen.
· Die Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen im Umfeld des Tagebaus muss gesichert sein.
· Die Gemeinde Schaafheim lehnt das im Regionalplan-Entwurf Südhessen vorgesehene Vorbehaltsgebiet Sandabbau ab. Dies hat der Gemeindevorstand bereits beschlossen und lässt eine Stellungnahme an das RP Darmstadt hierzu ausarbeiten. Mit dem RP Darmstadt werden entsprechende Gespräche geführt.
Mein Fazit:
Sollte sich die Gemeinde Schaafheim dafür entscheiden müssen (!), zu einem Interessenausgleich nichts beitragen zu wollen, werden die Interessen unserer Gemeinde und deren Bürgerinnen und Bürgern letztlich nicht gehört und können somit auch nicht in einen Dialog, eine Verhandlung, oder einen Ausgleich eingebracht werden. Die Folge: Die Interessen der Gemeinde Schaafheim verlaufen im Sand!
Ihr Bürgermeister
Daniel Rauschenberger
Hintergrund „Vorbehaltsgebiet“
Die vom RP Darmstadt – Bergamt für den Sandabbau genehmigte Fläche (s.o. Abbildung 1) liegt vollständig in einem VORRANGgebiet. Diese wird im Regionalplanentwurf 2024 als Bestand (dunkelrot) und Planung (hellrot) bereits dargestellt. Ein VORBEHALTSgebiet wird sowohl im bisherigen Regionalplan Südhessen 2010, als auch im Entwurf 2024 mit einer waagrechten hellroten Schraffur dargestellt. Entgegen anderslautender Darstellungen ist über eine Erweiterung nicht entschieden.
Abbildung 2: Auszug aus der Karte zum Vorentwurf des Regionalplanes Südhessen. Die waagerechte rot/magentafarbene Linie weist das „Vorbehaltsgebiet oberflächennahe Lagerstätte“ aus.
Der Textteil des Regionalplans sagt dies auch eindeutig aus:
„Oberflächennahe Lagerstätten und Vorkommen abbauwürdiger und abbaufähiger mineralischer Rohstoffe sind in der Karte als "Vorbehaltsgebiete oberflächennaher Lagerstätten" flächenhaft ausgewiesen. Eine Entscheidung über einen künftigen Abbau ist mit dieser Darstellung nicht verbunden.
Mit der Ausweisung der „Vorbehaltsgebiete oberflächennaher Lagerstätten“ wird die Existenz, Lage und Ausdehnung von abbauwürdigen und abbaufähigen oberflächennahen Lagerstätten einheimischer mineralischer Rohstoffe und Vorkommen einschließlich der Energierohstoffe aufgezeigt. Sie dienen der mittel- bis langfristigen Rohstoffvorsorge. Mit der Ausweisung als Vorbehaltsgebiet ist keine regionalplanerische Abstimmung über eine Rohstoffgewinnung an diesen Standorten erfolgt bzw. verbunden. Eine Nutzung der Lagerstätte ist in der Laufzeit des Regionalplans/RegFNP nicht vorgesehen. Damit wird im Sinne einer nachhaltigen Rohstoffsicherung gewährleistet, dass insbesondere bei größeren Lagerstätten eine zweckangepasste Rohstoffgewinnung erfolgt. Als Datenbasis für die Festlegung der „Vorbehaltsgebiete oberflächennaher Lagerstätten“ diente die Karte Rohstoffsicherung des HLUG. Deren Abgrenzung beruht auf geowissenschaftlichem, rohstoffwirtschaftlichem und abbautechnischem Kenntnisstand.“ (Auszug aus dem Textteil des Regionalplans Südhessen 2010, Seite 139 ff.)